Die Perspektivlosigkeit der „GewerkschaftsLinken“

Die GewerkschaftsLinke hat eine »Plattform« vorgelegt. Das ist einerseits sehr spannend, weil endlich einmal ‚Butter bei die Fische‘ bei diesem Verein kommt. Andererseits sollten wir nicht allzu viel erwarten, denn die betrieblich-gewerkschaftlichen Mittelkader innerhalb des DGB suchen noch immer ihren Weg zur Sonne ...

Alle Theorie ist grau ... wenn’s keine Strategie und Taktik gibt, die angestrebten Ziele zu erreichen. Das Papier der GewerkschaftsLinken ist nichts weiter als eine weitere staatstragende Variante, die Mag Wompel längst als den alles beherrschenden Fetisch der deutschen Gewerkschaftsbewegung kritisiert hat: „Arbeit, Arbeit, Arbeit!“. Oder Robert Kurz, der die „soziale Paralyse“ der Gewerkschafts-bewegung in ihrem Fetisch „Bündnis für Arbeit“ bereits vor Jahren analysiert hat. Aber GewerkschaftsLinke sind langsame Menschen, sie brauchen sehr viel Zeit, um ihre Unfähigkeit der Veränderung eines mächtigen Apparats zu erkennen. Die meisten ihrer VertreterInnen beschäftigt er bisher – und wer will schon die Hand abschlagen, die einen (noch) füttert?

Wer immer noch dem DGB „eine besondere Verantwortung“ zukommen läßt, wenn
es um die Ablehnung der Agenada 2010 geht, der hat den letzten Schuß nicht gehört. Sprüche wie: „Wir akzeptieren das nicht.“ (die Kollaboration der Führung der DGB-Gewerkschaften) oder „Wir lehnen sie ab.“ (die Agenda 2010) sind nichts weiter als naive Parolen, aber keine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse hierzulande, es ist die Fassungslosigkeit und Ohnmacht gegenüber dem Ende des Bismarckismus. Ihre Illusionen in den Sozialstaat haben sie ebensowenig begraben wie die in die
Einheitsgewerkschaft aller Beschäftigten.

Wer „A“ sagt („die angebliche Verantwortung des Kapitals, die es nicht hat.“), sollte auch Klassenkampf sagen!

Wenn eine IGM-Kollegin beim Kabelhersteller Nexans in Hannover erklärt: „Wir können nicht kämpfen, weil wir zu viel zu verlieren haben. Für uns müssen andere kämpfen.“ (O-Ton am 7.11.05 im ARD-Fernsehen), dann macht das das ganze Ausmaß der Kapitulation der hiesigen Gewerkschaftsbewegung deutlich. Wir haben noch einen Job, den können wir wegen Haus und Auto nicht auf‘s Spiel setzen (egal, ob der Konzern uns mit einem CGB-Tarifvertrag den Lohn um 17% kürzen will) – kämpfen sollen für sie andere. Die Gewerkschaften haben demnach keine Zukunft mehr, brauchen sie eine Bürgerbewegung für beschäftigte Lohnsklaven?

Wenn die eigene Identität dermaßen und einzig und allein auf sozialstaatliche Ziele (es geht nur um „gesetzliche“ Forderungen nach der 35-Std.-Woche, Mindestlohn von 10 Euro und Mindest-einkommen) ausgerichtet ist, wie der Forderungskatalog der GewerkschaftsLinken, dann wundert es einen überhaupt nicht, wenn es originäre gewerkschaftlichen Forderungen erst gar nicht gibt. – Sie degradieren sich damit selbst zu nichts weiter, als zu Lafontaines Gewerkschaftsflügel ...

Es fehlt die Analyse, wie gewerkschaftliche Forderungen überhaupt noch durch die vorhandene Basis durchgesetzt werden könnten. Die GewerkschaftsLinken fordern zwar keine explizite Stellvertreter-Politik, aber, erbärmlich genug, ihre ganze Kraft zielt auf eine inner-DGB-liche Demokratisierung ab. Als wenn der Verrat der kämpferischen Gewerkschaftsmitglieder durch die bösen Funktionäre das Problem wäre; die Anspruchlosigkeit und die marktpolitische Verrohung der DGB-Basis, ihre
allgemeine Verinnerlichung des kapitalistischen Prinzips, das sind die wirklichen Probleme. Und die Basis lebt sehr gut damit, daß sie von rechten (sozialdemokratischen) Funktionären geführt wird; lediglich in Zeiten der eigenen persönlichen Betroffenheit (durch Wegrationalisierung, Massenentlassung) weht ein Hauch von Rebellion durch die entsprechenden Betriebe – allerdings erinnert das mehr an Karneval als an Rebellion. Das Maul der Helden ist immer größer als jeder Krawall auf einem Viertliga-Fußball-Platz („Gegen uns ist die Hafenstraße eine Lachnummer“) ... die Option von rechtsextremen und popolistischen Vertretern an der Spitze von DGB-Gewerkschaften haben die GewerkschaftsLinken auch nicht
andiskutiert ...

Solange die Kolleginnen und Kollegen tatsächlich noch mehr zu verlieren haben als einen Sozialplan bzw. die Hartz IV-Abfederung noch durch den DGB verteidigt wird, brauchen wir uns keine Sorge um den betrieblichen Frieden zu machen – es herrscht weiterhin Friedhofsruhe (oder Karnevals-Radau).

Die einzige Perspektive sehe ich in der Weiterentwicklung autonom-gewerkschaftlicher Strukturen, im Ausbau eines antikapitalistischen Klassenkampf-Konzepts des Anarcho-Syndikalismus. Ob und wie eine punktueller Zusammenarbeit mit radikalen GewerkschaftsLinken (nicht nicht mit solchen Figuren wie dem Stuttgarter ver.di-Landesfürsten Rixinger) möglich ist, sollten unsere GenossInnen im Betrieb entscheiden.