Wir haben keine Wahl!

Es sind wieder Wahlzeiten! Nicht mal eine Woche noch, dann ist es soweit, Du darfst Dein Kreuzchen machen! Fast allen ist irgendwie klar, daß sich auch nach den Wahlen nichts wirklich ändern wird und kann. Doch die Umgehensweise ist unterschiedlich: Manche wählen damit es nicht noch schlimmer wird, was es dann oft doch wird... Andere finden es sinnvoller entweder gar nicht hinzugehen oder als kreativere und aktivere Variante den Wahlzettel als solchen nach eigenem Wunsch zu gestalten.
Egal jedoch ob ihr eine dieser beiden Wege wählt oder doch dieses eine Mal noch mit Bauchschmerzen dem "kleineren Übel" die Stimme geben solltet: Es gibt keine Alternative dazu, sich selbst im Alltag zu organisieren, gemeinsam zu diskutieren und zu kollektiven Aktionen zu schreiten: gegen akute Verschlechterungen, wie auch für die endgültige Befreiung von Lohnarbeit und staatlicher Repression. Im Folgenden findet ihr drei Texte aus Leipzig, München und Hamburg, Anti-Wahltag-Partys und weitere Links zum Wahlspektakel.





Leipziger Libertäre:

Wir haben keine Wahl!


Wahlzeiten! Und es stellt sich uns wieder die Frage aller Fragen: Wer soll die nächsten Jahre über uns bestimmen?

Unser ganzes Leben lang geben wir die Kontrolle über unser Leben an andere ab - sei es an den Lehrer oder Direktor in der Schule, den Chef in der Firma, die Abgeordneten im Parlament oder sonst eine übergeordnete Instanz. Überall gibt es Leute, die anderen vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben.

Viele von uns haben sich schon daran gewöhnt, dass das so ist. Autoritäten sind so allgegenwärtig, dass manch einer sich kaum vorstellen kann, wie es anders gehen könnte. Die Kehrseite der Macht der Einen ist die Niedergeschlagenheit und Resignation der Anderen, derer die bei all dem nicht so viel zu melden haben: Arbeiter und Arbeiterinnen, mit oder ohne Job, Schüler, Studierende und Rentner - und noch viel mehr derjenigen, die eh am unteren Ende der Gesellschaft stehen: Obdachlose etwa, oder Migranten und Migrantinnen, die auf der Suche nach einem menschenwürdigen Leben hier Zuflucht suchen.

Was können wir tun ?

Vor allem müssen wir aufhören, darauf zu warten, dass irgendjemand unsere Probleme für uns löst. Denn die, die behaupten, dafür zuständig zu sein (ob nun Rot-grün, Schwarz-gelb oder gar die neue Linkspartei) sind selbst Teil des Problems.
Egal, wer die Wahl gewinnt: Ändern wird sich nichts! Nicht nur, dass die Beispiele von SPD und Grüne zur Genüge zeigen, was das parlamentarische System aus den uneigennützigsten Idealen macht, nicht nur, dass die Struktur der Parteien selbst all das in sich trägt was uns belastet, weiter noch, sind die Parteien viel mehr um das Wohl von Wirtschaft und Staat besorgt, als um unser Wohl. Ja, wir sollen auch noch Verzicht üben und leiden dafür, daß andere noch mehr verdienen können und die Staatsmaschine immer weiter aufgerüstet wird. Doch da sind wir uneinsichtig...

Wir wollen etwas Anderes !

Wir sind überzeugt, dass es wichtig ist, gemeinsam nach einer Alternative zu suchen. Und diese geht nicht ohne Dich! Denn wer kann besser für Deine Interessen eintreten als Du selbst? Dabei ist es wichtig, zusammenzuarbeiten und nicht gegeneinander. Denn ob nun als Studierende, Erwerbslose oder ArbeiterInnen, unsere Probleme (seien es Studiengebühren, Zwangsarbeit oder Lohndumping), sind Teil eines Ganzen, einer Gesellschaftsordnung, die darauf zielt uns ohnmächtig und funktional zu machen, also uns unserer Menschlichkeit und unserer Träume und eigenen Vorstellungen zu berauben.

Doch wir werden uns nicht länger gegeneinander aufhetzen, diskriminieren und Schuldgefühle einreden lassen, weil wir arm sind, aus dem Osten oder aus einem anderen Teil der Welt kommen, oder als Frauen geboren wurden, weil wir nur einen Hauptschulabschluß haben, unsere Arbeitskraft für Dumpinglöhne ausbeuten lassen müssen oder wir an der Uni am Numerus Clausus gescheitert sind!

Es gibt kein Patentrezept, aber ...

Wir wollen eine Gesellschaft, die nicht auf dem Kampf Aller gegen Aller beruht, sondern auf Mitmenschlichkeit und gegenseitige Hilfe - und wir versuchen, dies jetzt schon in unserem Handeln umzusetzen - indem wir uns zusammenschließen und bei Problemen beistehen.

Und wir stellen uns Fragen: Warum werden Entscheidungen nicht von denen gefällt, die davon betroffen sind, die Unternehmen und Städte nicht von denen organisiert, die dort arbeiten und leben? Warum sind Schulen und Universitäten keine Orte des freien Austauschs zwischen Menschen - sondern Anstalten, um Menschen in Taugliche und Untaugliche zu sortieren? Denn wissen wir nicht selbst am besten, was gut für uns ist, für unser Viertel, unsere Schule oder unseren Betrieb?

Hören wir auf, auf bessere Zeiten zu warten!

Holen wir uns unser Leben zurück!




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Kommentar aus München:

Lafontaine und die 'Kulis'


Über die sozialdemokratische Tradition des Fremdenhasses: Ein Aufruf zum Wahlboykott

Mensch musste kein hellseherischer Prophet sein, um vorhersehen zu können, dass Lafontaine und Gysi sich zusammenschließen würden, um die sozialdemokratischen GenossInnen und "linken" DGBlerInnen aufzusammeln, die durch das Reformmartyrium der rotzgrünen Regierung unter dem Superkanzler Schröder, von der SPD desertier(t)en. Nachdem 1994 das Triumvirat (= Dreimännerherrschaft) aus Schröder/Scharping/Lafontaine den damaligen Unionssieg erst möglich machte -im Lande des Führerkultes- ist das politische Kalkül der SPD nun gewesen -nachdem Oskar sich mit Gerhard ganz böse gezankt haben, und der Eine sich auf die Ersatzbank zurückzog und der Andere brav ganz konsequent die „Politik“ des Kapitals durchzog- nun endlich die politische Mitte (was immer das sein mag) zu erobern. Nun kann die alte Sozialdemokratie in die politische Mitte rutschen, durch den Druck der Linkspartei/PDS. Dies verunsichert inzwischen sogar die Union/FDP.

Lafontaine hat sich mit seinem „Chemnitzer Bekenntnis“ bis in den braunen Sumpf hineingewälzt. Er sagte: „Der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter mit zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“; was nichts anderes bedeutet als nationaler Schutz der Arbeit.

Seltsamerweise gibt es in Chemnitz viele Arbeitslose und sehr wenig Ausländer/innen. Dies brachte ihm nicht nur Applaus von Rechtsextremen, sondern das schallende Gelächter der NPD-Riege mit dem Kommentar, das er ja ihre Forderungen umsetzen wolle. Es ist die klassische Sündenbocktheorie. Unvergessen auch seine Forderung zur „Wiedervereinigung“ einen Monat nach dem Mauerfall: Oskar forderte Aufenthaltsgenehmigungen für DDR-Bürger/innen. Sie sollten erst in den Westen einreisen dürfen, wenn sie vorher eine Wohnung u n d einen Arbeitsplatz gefunden haben. Damals führte er einen Landtagswahlkampf, bei dem die Republikaner seinen Thron gefährdeten, und sagte: „Es dürfen nicht immer mehr Menschen zu uns kommen. Das schafft böses Blut.“ Ausgrenzung und Fremdenhass sind Maßstäbe in seinem politischen Denken. Bis heute sind sich BRDler/innen und DDRler/innen fremdgeblieben, die Mauer in den Köpfen der Menschen ist nicht nur geblieben, sie wurde sogar noch erhöht, wenn mensch sich die Äußerungen von Stoiber, Schönbohm & Co der letzten Zeit ins Gedächtnis ruft.

Aber ist das wirklich neu für die gute alte Sozialdemokratie (respektiv SPD & DGB & Linkspartei/PDS) ? Nicht wirklich. Schauen Wir doch einmal an den Anfang dieser Geschichte. Damals berichtete Unser alter Genosse Gustav Landauer in der Zeitung „Der Sozialist“ folgende Begebenheit und die dazu gehörige Meinung, der damals noch sehr jungen Sozialdemokratie. Am 26.08.1893 (!) erschien der Artikel „Kulis und Proletarier“, er beginnt mit einer sehr richtigen Feststellung: „Die Machthaber, die unsere gesellschaftlichen Zustände aufrechterhalten, die das Privateigentum beschützen und festhalten, die Massen verelenden und körperlich und geistig ruinieren, haben ein neues Verbrechen auf sich geladen.“ Dann berichtet er davon, dass „...in Aigues-Mortes [heißt schicksalhafterweise: „Scharfer Tod“] in Frankreich haben französische Arbeiter, die Not litten, ihre italienischen Brüder im Leid, die zu Hungerlöhnen arbeiteten, überfallen und ihnen eine schreckliche Schlacht geliefert. Über 60 Menschen sind, teilweise schwer, verwundet worden, 13 sind getötet worden.“

Seiner Fassungslosigkeit über diese Ereignisse lässt er wie folgt freien Lauf: „Ich aber könnte jedem einzelnen der französischen Mörder weinend um den Hals fallen und ihn fragen: Mensch, Mensch, was Hast du getan? Deinen Bruder hast du getötet, der arm und elend war wie du! Ist es nicht dasselbe, ob ein Italiener hungert oder ein Franzose? Und siehe, wenn du Arbeit hättest, dann läge er auf der Straße. Wer aber ist Schuld an dieser Konkurrenz der Arbeiter?“ Diese aufgeworfene Frage beantwortet er so, als wäre sie nicht 1893 sondern 2005 aufgeworfen worden: „Gibt es auf der Welt nur einen ganz bestimmten Vorrat von Lebensmitteln, zu dem sich die Menschen herandrängen; müssen sie sich gegenseitig die Hälse abschneiden, um nur etwas von den Vorräten der Natur zu ergattern? Keine Spur davon! Mit Hilfe der menschlichen Arbeitstechnik ist eine so unendliche Fülle von Gütern aufgestapelt oder wenigstens sofort zu erzeugen, dass kein Mensch zu entbehren brauchte. Die Menschen streiten sich auch gar nicht um den direkten Genuss der Lebensmittel; denn zu diesem direkten Genuss der Lebensmittel werden sie gar nicht zugelassen. Sie streiten sich nur darum, arbeiten zu dürfen; hart, unsäglich hart, sich schweißtriefend 12, 15, 18 Stunden lang. Wer verwehrt den Menschen den direkten Genuss? Von wessen Erlaubnis hängt es ab, ob sie arbeiten dürfen? -Von dem, der die Arbeitsmittel, die Rohmaterialien, das Geldkapital, den Grund und Boden, die Maschinen im Besitz hat. Es drängen sich so viele herzu, um nur nicht zu verhungern, dass ein Teil gar nichts abkriegt und alle übrigen bekommen Hungerlöhne.“

Was würde wohl der Genosse Landauer zu der heutigen Situation sagen, wenn er dafür noch Worte finden würde, im Jahre 2005!

Aber wie stand die jungfräuliche Sozialdemokratie - noch weit entfernt von 1. Weltkriegsfinanzierung und blutiger Niederschlagung der Räterepubliken - zu diesem bedauerlichen Ereignis. Dies belegt der Genosse Landauer mit folgenden Zitaten aus dem berühmt-berüchtigten „Vorwärts“.

Nach dem Landauer die Proletarier über ihren wirklichen Feind aufgeklärt hat, geht er dazu über, sie „über ihre ‚falschen Freunde’, an ihrer Spitze die Sozialdemokratie deutschen Ursprungs. Eine sehr merkwürdige Stellung diesen Vorgängen gegenüber nimmt der Vorwärts ein, das Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie. Er beschimpft die ermordeten italienischen Arbeiter in ihr Grab hinein, und er beschimpft bei dieser Gelegenheit, wie im Februar des vorigen Jahres, die schlechtestgestellten Arbeiter, die Lumpenproletarier im Gegensatz zu einer Arbeiteraristokratie, die nach seiner Meinung staatlich zu schützen ist gegen die Schmutzkonkurrenz der Ausgepowerten.“ Hier schließt sich schlussendlich der sozialdemokratische Kreis zu Oskar Lafontaine!

Weiter über den Vorwärts: „Er hat einen neuen Namen gefunden; diesmal nennt er die unterste Schicht des Proletariats nicht mehr Lumpenproletariat und Ballonmützen, sondern Kulis. Kulis sind ursprünglich chinesische Sklaven; der Vorwärts macht einen Unterschied zwischen den bessergestellten Arbeitern und den Sklaven. In seiner Sonntagsnummer schreibt er: ‚Die Krawalle in Aigues-Mortes hat die Profitsucht des französischem Unternehmertums hervorgerufen, die den heimischen Arbeitern die Schmutzkonkurrenz italienischer Kulis auf den Hals gehetzt hat.’ Pfui Schande! Nicht die Ausbeutung im allgemeinen wird hier als schuldig bezeichnet; ... Also schon ein ganz vorsintflutlicher, vor allem vor-marxistischer Standpunkt. Aber der Vorwärts geht noch weiter, er fordert sehr unverblümt nationalen Schutz der Arbeit gegen fremde Einfuhr; und darum müssen diese Fremden beschimpft werden, als ob sie nicht gleichfalls leidende Menschen wären. Welcher Wahnsinn! ..., er hetzt ausdrücklich nur gegen diejenigen fremden Arbeiter, von denen er weiß, dass der unaufgeklärte deutsche Arbeiter sie zum Teil gleichfalls mit seinem nicht zielbewusstem Hasse verfolgt.“

Der „Vorwärts“ hetzte aber nicht nur gegen Italiener, sondern auch gegen Proletarier/innen aus Böhmen und Polen: „Das dringenste Erfordernis ist eine durchgreifende soziale Reform, die es unmöglich macht, dass die Arbeiter verschiedenen Stammes zu Nutz und Frommen gewinngieriger Unternehmer gegeneinander ausgespielt werden, dass der italienische Arbeiter als Lohndrücker gegen den französischen in die Schranken tritt. Das gilt für alle >Kulturstaaten

Genosse Landauer beschließt den Artikel mit dem Aufruf: „Prägt es euch ein, Proletarier, und vergesst es nicht wieder. Das schreibt das Hauptorgan der Sozialdemokratie am Dienstag, den 22. August 1893.“

Ja so war das schon damals. Daraufhin sollten die „unaufgeklärten deutschen Arbeiter“ einem Führer bedingungslos folgen, dem dieses nationale Schutzinteresse besonders wichtig war. Leider können Wir ihnen heute nicht mehr um den Hals fallen und sie fragen: „Mensch, Mensch, was Hast du getan? Deinen Bruder hast du getötet, der arm und elend war wie du!“

Lafontaine & Gysi &Truppen; sind solche sozialdemokratischen „falschen Freunde“, die einen hohen Beitrag mittels DGB geleistet haben, dass es heute eine in -Facharbeiter/innen, Angestellte, Arbeiter/innen, Hilfsarbeiter/innen, Leiharbeiter/innen, Jobber/innen, 1-Eurozwangsarbeiter/innen, eu-ausländische Arbeitende, nicht-eu-ausländische Arbeitende, Arbeitslose, Sozialhilfeabhängige, Obdachlose- aufgesplitterte Arbeiter/innenklasse gibt. Die schon im Inlande gegeneinander ausgespielt wird und noch potenziert mit der ausländischen „Konkurrenz“, nämlich der Arbeiter/innenklasse selber!

UNSER STANDORT heißt nicht Deutschland, sondern IST DIE WELT !

Also was tun bei einer Wahl, wenn es in der linksten Ecke der parlamentarischen Sitzordnung genauso stinkt wie in der rechtesten? Die Wahl zu boykottieren. Es gibt den Passiv Wahlboykott durch Stimmenthaltsamkeit und es gibt den Aktiven Wahlboykott. Das ganz große Kreuz gegen: Alle Parteien die Uns quälen - z. B. elektronisch Fußfesseln für Arbeitslose, wie dies jüngst der hessische Justizminister Müller forderte - antworten Wir mit Ungültigwählen!

Wer sich am Aktiven Wahlboykott über seine/ihre ungültige Stimme hinaus beteiligen will, und diese Idee weiterverbreiten möchte, kann sich unter www.liste-null.de einige interessante Texte (16 Hefte) als pdf-Datei runterladen. Allesamt zum Selbststudium und zur massenhaften Verteilung geeignet.

Dies kann natürlich nur eine Begleiterscheinung sein, im Widerstand gegen den Klassenkampf von Oben. Aktiver Wahlboykott, wenn dieser massenhaft umgesetzt wird (1), ist eine Form von Wahlblockade und eine Möglichkeit, die das parlamentaristische System, zwar nicht auszuhebeln vermag, aber grundsätzlich in Frage stellen könnte.

Natürlich kann ein Aktiver Wahlboykott auch nur bestenfalls eine Öffentlichkeit schaffen, in die Wir Unsere Inhalte einbringen können. Denn: Für die Antworten müssen Wir natürlich selber kämpfen, was anderes bekommen Wir nämlich nicht.


--- (1) Ungültigwähler/innenstatistik (im Faltflyer) zur EU-Wahl 2004: Anteil wurde verdoppelt, sogar in Bayern auf immerhin 1,1 %, aber auch auf beachtliche 6,7 % in Sachsen-Anhalt und 6,6 % im Saarland.

Die Zitate von Landauer sind entnommen aus dem Buch: Signatur: g.l. Gustav Landauer im >Sozialist< (1892-1899) Hrg. V. Ruth Link-Salinger, edition suhrkamp Neue Folge 113 - ersch. 1986

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FAU-IAA Hamburg:

Maul halten und wählen - Wer seine Stimme abgibt, der hat bereits verloren


Völkische Ergüsse – Lafontaines braune WASG/PDS-Soße

Warum lehnen wir die neue Linkspartei.PDS ab? Sie weckt doch so viele Hoffnungen – ja, auf was denn? Die extrem populistische Speerspitze dieser alten Wahl-Alternative ist der ehemalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine, der bereits 1998 die Zusammenstreichung der Sozialleistungen gefordert hat. Heute ist er für die Abschaffung von Hartz IV, weil damit der "kleine Mann" zur Kasse gebeten wird. Wir nennen das demagogisch. Viel schlimmer aber sind seine üblen Parolen vom "Volk". Es ist ekelhaft, vom "Willen des deutschen Volkes" zu sprechen; davon, daß der "kleine Mann" von "denen da oben" nicht mehr ernst genommen wird - als wenn das jemals der Fall war! Hier werden die unpolitischsten Instinkte derjenigen angesprochen, die davon träumen, daß sie endlich wieder jemand richtig vertritt, anstatt sich mal selbst um irgend etwas zu kümmern.

Das alles hat mit fortschrittlichen Inhalten überhaupt nichts zu tun. Wer so blöd ist, auf dieses Bündnis hereinzufallen, handelt nicht politisch, sondern opportunistisch! Endlich kommen diese Typen mit der Mobilisierung des Schill-Wählerpotentials in Parlamente (wie es die WASG in ihrem Gründungspapier plante). Toll auch, wie sich jetzt alle "Linken" einig sind ... zu keiner Sachfrage gibt es gemeinsame Standpunkte, aber jetzt buhlen sie um die Leute, die nicht einmal zu so einer Fußlatscherei wie den Montagsdemonstrationen bereit gewesen sind. Der Stimmzettel ersetzt keinen Widerstand!

Glaubt irgendjemand ernsthaft, es würde jetzt umgekehrt funktionieren? Eine parlamentarische Opposition ermögliche zukünftigen außerparlamentarischen Widerstand in den Betrieben und auf der Straße? Glaubt irgendjemand ernsthaft, daß diese machtgeilen Schlipsträger Gysi & Lafontaine samt ihren lokalen Aushilfspolitiker/innen jetzt endlich unseren Widerstand unterstützen werden? Wir verweisen nur auf die PDS-Beteiligung in den Regierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern und die vielen sozialpolitischen "Sachzwänge"...

Gesundes Volksempfinden funktioniert – nicht : siehe LBK-Verkauf!

Was die machtgeilen Politiker vom Volkswillen wirklich halten, sehen wir doch am Verkauf der kommunalen Krankenhäuser des LBK. "Das (hamburgische) Volk" mobilisiert sich selbst zu den Unterschriftenlisten und Wahlurnen eines sozialdemokratischen Volksentscheides, stimmt mit fast 78% gegen den Verkauf an einen kapitalistischen Investor – und die Regierung hält sich nicht daran.

Agenda 2010 und Hartz I-IV – funktionieren : Löhne wurden erfolgreich gesenkt!

Die Personal-Service-Agenturen, die Ich-AGs und der Zusammenlegung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe zum ALG II haben tatsächlich etwas bewirkt: Weil die Unternehmen ihre Firmen nach kapitalistischen Prinzipien durchrationalisieren und auch noch den letzten überflüssigen Lohnfaktor "outsourcen" – trotz steigender Auslandsinvestitionen in Deutschland und sinkendem Lohnniveau in den letzten zehn Jahren: die Löhne werden weiter abgesenkt. Profit ist eben richtig geil!

Es wird kein einziger Arbeitsplatz entstehen, nur weil die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer.

Und obwohl die Ausgaben für das ALG II allein in diesem Jahr um mehr als 8 Mrd. auf über 23 Mrd. Euro ansteigen, kalkuliert das SPD-Finanzministerium für den Etat 2006 nur noch mit 20,2 Mrd. Euro für diesen Posten; entweder wird also weiter gekürzt oder die Arbeitslosigkeit müßte drastisch sinken. Aber die Erwerbslosenzahl soll weiter steigen: "Noch 400.000 Arbeitslose mehr", sagt das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Institut voraus.

Mindestlohn-Forderungen von SPD und Linkspartei - eine Lachnummer!

Oskar Lafontaine hat natürlich nur deshalb gegen die "Fremdarbeiter" gewettert, die "deutschen Familienvätern und Frauen" die Arbeit wegnehmen, weil er damit seine Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn untermauern wollte. Wie hoch soll denn dieser unterste Stundenlohn sein? 7 € vielleicht -wie es die Hamburger SPD- fordert, mehr, weniger? Bei einer 35-Std-Woche blieben dabei monatlich etwas mehr als 800 € Nettoverdienst. Was soll jemand damit in einer globalen Metropole wie Hamburg anfangen, welche Wohnung bezahlen, was sich zu essen leisten? Lidl, Aldi, "Geiz ist geil"?

Außerdem haben wir immer gedacht, daß die Gewerkschaften für die Erhöhung der Löhne kämpfen – dazu reicht es bei diesen gelben Trümmerbuden aber schon längst nicht mehr. Sie kriechen vielmehr in jeden Arsch hinein, den ihnen die Arbeitergeber und Kapitalistenverbände mit ihren Erpressungen und Drohungen hinhalten. Jetzt muß ihnen die Regierung auch noch einen gesetzlichen Mindestlohn erkämpfen, wie peinlich!

Wozu also wählen, wenn es doch nichts ändert?

Wozu also noch in ein parlamentarisches System vertrauen und wählen gehen, wenn sich doch nichts ändern wird. "Siegt" die Linkspartei mit 10-15 Prozent, kriegen wir eine große Koalition (Lafontaine nannte es das "kleinere Übel") mit vielen weiteren "Reformen", die unser Leben und unser aller Arbeitsbedingungen noch unerträglicher machen werden. Dagegen können wir uns aber gemeinsam wehren, wenn wir als die "von unten für unten" zusammen kämpfen. In Bolivien, Equador oder der Ukraine haben Massenbewegungen der "einfachen Leute" mehrfach Regierungen gestürzt. In Deutschland übrigens auch schon zweimal, 1918/19 und 1989, schon vergessen? Wir sollen wählen und das Maul halten statt auf dumme Gedanken kommen und in wirklich linken und radikalen Oppositionsbewegungen mitzuarbeiten. Das könnte zu unhaltbar chaotischen Zuständen wie Generalstreiks, Betriebs- und Arbeitsagentur-Besetzungen und zur Verweigerung von Niedriglöhnen und Zwangsarbeit führen. Leider sieht es so aus, als wenn die Mehrheit des arbeitslosen "deutschen Volkes" lieber als 1-€uro-Jobber/in irgendwelche Parks fegt - und damit anderen Kolleg/innen die ohnehin schlecht bezahlten Arbeitsplätze durch so eine entwürdigende Lohndumpingarbeit wegnimmt (ihr kennt alle die vielen Projekte der Hamburger Arbeit – HAB oder der Altonaer Arbeitsförderungsgesellschaft – AFG). Das werktätige "deutsche Volk" nimmt jede Sauerei in den Betrieben hin, feiert ihre hochbezahlten Bosse in den DGB-Einheitsgewerkschaften für jeden beschissenen Kompromiß (Hauptsache, sie sagen, sie hätten Schlimmeres verhütet) – und kuschen weiter. Man kann ja bei den nächsten Wahlen "denen da oben" kräftig in den Arsch treten und – die Nazis wählen, oder eben die neue Linke Volkspartei.PDS ... Wohl bekommt’s!

Vollbeschäftigung? Die dreisteste Lüge!

Aus allen Wahlprogrammen donnert es uns entgegen: "Sozial ist, was Arbeit schafft!" (CSU, FDP). Diese Propaganda ist faschistisch – alle benutzen diese demagogische Parole, um zu versprechen, daß wir alle wieder gut-bezahlte Jobs finden könnten. Einen entscheidenden Punkt haben sie alle verdrängt: damit wäre Adolf Hitler mit seiner NSDAP der sozialste oder sozialistischste Politiker aller Zeiten – sein Drittes Reich hat mit Zwangsarbeit, Massenmord und Konzentrationslagern die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland abgeschafft. Arbeit, um der Arbeit willen, das ist die kapitalistischste Form der Barbarei! "Würde" wird anders buchstabiert als "Arbeit, Arbeit, Arbeit!" (NSDAP 1933 bzw. SPD-Europawahlkampf 1994) – deshalb darf niemand gezwungen werden zu PSA-, ABM- oder 1€-Jobs, denn das sind alles Zwangsarbeitsmaßnahmen, die ihre Wurzeln im nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienst haben.

Zu welchen Löhnen & Gehältern versprechen uns die Politiker eine Vollbeschäftigung?

Genug zum Fressen haben – oder gefressen werden!

Bereits Ende September 1995 hat die "Elite der Welt" auf Einladung von Gorbatschow ihren Weg »unterwegs zu einer neuen Zivilisation« erklärt - die 20:80-Gesellschaft wurde im Fairmont-Hotel von San Francisco so definiert:

"Kein Raunen geht durch den Raum, den Anwesenden ist der Ausblick auf bislang ungeahnte Arbeitslosenheere eine Selbstverständlichkeit. (...) Die Zukunft verkürzen die Pragmatiker im Fairmont auf ein Zahlenpaar und einen Begriff: »20 zu 80« und »tittytainment« (...) 20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung würden im kommenden Jahrhundert ausreichen, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten. (...) Diese 20 Prozent werden damit aktiv am Leben, Verdienen und Konsumieren teilnehmen - egal, in welchem Land. (...) Die Frage sei künftig, »to have lunch or be lunch«, zu essen haben oder gefressen werden. (...) Jedenfalls werden in den Industrieländern schon bald wieder Menschen fast zum Nulltarif die Straßen sauberhalten oder als Haushaltshilfen kärglichen Unterschlupf finden, erwarten die Konzernlenker. (...) Im Fairmont wird eine neue Gesellschaftsordnung skizziert: reiche Länder ohne nennenswerten Mittelstand - und niemand widerspricht. (...) Mit einer Mischung aus betäubender Unterhaltung und ausreichender Ernährung könne die frustrierte Bevölkerung der Welt schon bei Laune gehalten werden (erklärte der ehemalige US-Präsidentenberater von Jimmy Carter, Brzezinski) seine Kombination aus »entertainment« und »tits«." - zitiert aus: 'Die Globalisierungsfalle' von 1996.

Wir Arbeiter/innen und Angestellte sind nur noch "Rationalisierungspotential" für die führenden 500 Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler aus allen Kontinenten, die diese Reise in's 21. Jahrhundert mit George Bush, Margret Thatcher, Michail Gorbatchow und auch Kurt Biedenkopf diskutierten.

Was will die FAU?

Gerecht ist, was soziale Ungleichheit abschafft! Alles andere ist reaktionärer Mist. Wir wollen keine Bürgerversicherung (SPD/Grüne), keine Kopfpauschalen (CDU/CSU) oder die Privatisierung der Bundesagentur für Arbeit (FDP) - wir brauchen Klassensolidarität und Arbeitskämpfe um die Fabriken und Büros, wir wollen nichts Geringeres, als die Übernahme der ganzen Bäckerei, keine Brosamen vom Tisch der Reichen. Wir kämpfen für einen freiheitlichen Sozialismus – wir organisieren uns von unten! Deshalb kämpfen wir nicht als Politiker/innen, sondern als Gewerkschafter/innen in unabhängigen, selbstorganisierten Klassenkampf-Gewerkschaften für unser Recht auf Widerstand, Würde und Gerechtigkeit. Wir wollen, daß die 80 Prozent der Bevölkerung über ihr eigenes Leben bestimmen – nicht die selbsternannte Weltelite der oberen 500!

Versuchen wir’s doch mal mit kämpfen! Wählen verblödet und entmündigt!

Es gibt also genügend Gründe, diesem System die kalte Schulter zu zeigen und sich auf wichtigere Dinge im Leben zu konzentrieren als gerade auf's Wählen. Klassenkampf macht mehr Spaß!

NichtwählerInnen-Wahlparty & Links

Köln

So. 18.09.05 um ab 17 Uhr

Ludolf-Camphausen-Str. 36, 50672 Köln (Hans-Böckler-Platz / Bf. West)

Lieber Hirsebrei als Linkspartei!
Anti-Wahlparty der FAU Köln + Essen: Hirsebrei mediterran und Hirsebrei süß + Trinken: Lieber Ouzo als Juso + Bis 18 Uhr Wahlwetten-Annahme + ab 19 Uhr Spontandemo "Sofortige Neuwahlen!" + TV-Live-Übertragung des Wahlspektakels

Hamburg

schwarz/rote Nicht-Wähler/innen-Wahlsieg-Party
am 18. September ab 17 Uhr

Fettstraße 23 – 20357 Hamburg-Eimsbüttel – "Schwarze Katze" – Telefon: 040 – 432 21 24 - www.fau.org – www.libertaereszentrum.de


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